Wolfgang Puschnig
Wolfgang Puschnig hat sich nie in nur eine Schublade stecken lassen. Dem Saxophonisten und Flötisten widmet das Wiener Konzerthaus in der Saison 2015/16 eine Personale mit vier Projekten und viel neuer Musik eines Vielseitigen, der das Prinzip lebt: Du sollst nicht immer dasselbe zelebrieren. Der Musiker hat dieses ungeschriebene Gesetz des Jazz verinnerlicht, war anderen Kulturen und Stilen gegenüber stets aufgeschlossen und hat sich wie kaum ein anderer um den heimischen Jazz verdient gemacht. Er überrascht uns und sich selber gern mit Bands in ganz unterschiedlicher Besetzung.
Der Ehrendoktor der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt, Jahrgang 1956, war Gründungsmitglied des Vienna Art Orchestra, untermalte einst Lesungen des Lyrikers Ernst Jandl, holte mit den Pat Brothers den Punk Jazz nach Wien, arbeitete mit der koreanischen Trommel-Gruppe Samul Nori zusammen und erschloss sich mit Geiger Mark Feldman transatlantischen Chamber Jazz. Sein 1991 gegründetes Projekt Alpine Aspects mit Weggefährten wie dem Bassisten Jamaaladeen Tacuma und dem Trompeter Herbert Joos sowie den Amstettner Musikanten hat die Alpenroots des Jazz ausgeleuchtet.
Die Porträtreihe im Wiener Konzerthaus bietet die seltene Gelegenheit, Puschnig aus verschiedenen Perspektiven zu erleben. Denn Berührungsängste kennt der Kosmopolit mit starken Kärntner Wurzeln nicht. Jede Band ist für ihn ein Stück Weg in unbekanntes Terrain, etwa am 6. November 2015 bei »The Philly Connection« im Quintett mit der indischen Sängerin Asha Puthli, die bereits 1971 mit Free-Jazz-Pionier Ornette Coleman bei Aufnahmen zu dessen Album »Science Fiction« mit dabei war, sowie mit Rick Innacone (Gitarre) und Grant Calvin Weston (Schlagzeug). Und seit ihrem ersten Zusammentreffen 1987 in Saalfelden sind der Ex-Ornette-Coleman-Bassist Jamaaladeen Tacuma und Puschnig sowieso unzertrennlich.
Das Projekt »Songlines – a vocal world« am 25. Jänner 2016 kombiniert Jazz-Solisten wie den Tubspieler Jon Sass mit World Music der Vokalgruppe Insingizi aus Simbabwe, und dem auf vokalen Jazz, basierend auf Volksliedern, spezialisierten Männergesangsquartett schnittpunktvokal. Da werden u. a. Volkslieder subtil modernisiert. Noch immer sind sie landschaftstypisch – und doch plötzlich im Jazz gelandet. Das Subtile ist hier das Geheimnis: Da wird nichts mit aller Gewalt renoviert, sondern ganz behutsam Althergebrachtes mit Neuem ergänzt.
Mit Raphael Preuschl (Bass), Paul Urbanek (Klavier) und Lukas König (Schlagzeug) hat Puschnig schon oft die Bühne geteilt. Bei »Homegrown« am 27. Februar 2016 unternimmt er einmal mehr den Versuch, die Grenzen seines Instrumentes auszuloten und neu zu definieren. Was Spielfertigkeit, stilistische Offenheit und Experimentierfreude betrifft, stehen die drei Musiker dem Bandleader um nichts nach. Ein neues Werk kündigt Puschnig für sein Großprojekt
»Korean Spirit« am 21. Mai 2016 an: Daran beteiligt ist die Band Saxofour, außerdem wird die in der Vergangenheit bewährte Zusammenarbeit mit dem koreanischen Percussion-Ensemble Samul Nori in der aktuellen Formation Red Sun fortgesetzt. Aber die musikalischen Konstanten bei allen Programmen sind der für Puschnig charakteristische elegisch-gefärbte Sehnsuchtston und seine «singende» Phrasierung, die sein unverwechselbares Markenzeichen ist.
Werner Rosenberger (Abonnement 2015/16, Porträt)
Konzerttermine in der Porträtreihe 2015/16:
Wolfgang Puschnig
Fr, 06/11/15 »Sources: The Philly Connection«
Mo, 25/01/16 »Sources: Songlines – a vocal world«
Sa, 27/02/16 »Sources: Homegrown«
Sa, 21/05/16 »Sources: Korean Spirit«