Wien Weltwärts

Wiens musikalische Identität speist sich nicht nur aus einer donaublauen Quelle, sondern aus zahlreichen kulturellen Strömungen, die sogar bis ans Meer führen. Längst hat die gerne als Musikstadt betitelte Metropole bewiesen, dass ihr künstlerischer Blick viel weiter reicht, als nur bis an die Landesgrenzen. Kultureller Vielfalt begegnet man deshalb nicht nur auf Speisekarten in Form von böhmischen Mehlspeisen, sondern selbstverständlich auf den etabliertesten Konzertbühnen der Stadt.

Alma © Daliah Spiegel

Von den Alpen bis ans dänische Meer
Eine Band, die sich dem traditionellen Musizieren und dessen Überschreitung verschrieben hat, ist Alma. Auf der Suche nach seinen musikalischen Wurzeln, gräbt das Ensemble stets im tieferen Erdreich und entdeckt dort längst vergessenes und altbekanntes Wurzelwerk gleichermaßen. In Almas Musik wird aber nicht nur die Auseinandersetzung mit der Tradition erlebbar gemacht, sondern auch deren Transfer in die Gegenwart. Behutsam, mit archäologischem Fingerspitzengefühl widmen sich die in Wien beheimateten fünf Musikerinnen und Musiker allem, was ihnen lieb und teuer erscheint. Inspiration für ihre Kompositionen und Bearbeitungen holt sich die Band unter anderem auf ihren zahlreichen Konzertreisen, die sie bereits von Wien über Skandinavien bis nach Peru geführt haben. Manchmal münden solche inspirierenden Begegnungen dann in eine weitere Zusammenarbeit. So ist es geschehen mit der dänisch-schwedischen Folk-Band Dreamers` Circus. Zusammen begeben sich die beiden Ensembles auf eine musikalische Reise, die von Wien aus über die Alpen bis ans dänische Meer führt.

Wiener Tschuschenkapelle © Joerg Uckermann

Wien und der Balkan
Mit der Wiener Tschuschenkapelle hat Bandleader Slavko Ninić zusammengeführt, was historisch und gegenwärtig betrachtet untrennbar miteinander verbunden ist und dennoch oft getrennt gedacht wird: Wien und der Balkan. So eignete er sich die Bezeichnung »Tschuschen« – eine rassistisch abwertende Bezeichnung für Migrantinnen und Migranten, die aus den Balkan-Regionen stammen – an und gründete eine Band, die aus der Wiener Musikszene kaum mehr wegzudenken ist. Ihr über die Jahrzehnte gereiftes Repertoire umfasst traditionelle und selbst komponierte Lieder aus den Balkanländern, bosnische Sevdalinkas oder bulgarische Kreistänze ebenso wie altbekannte Wiener Lieder. Zum nun 30-jährigen Jubiläum holt sich die Wiener Tschuschenkapelle hochkarätige musikalische Größen und langjährige Weggefährten auf die Bühne. Gemeinsam mit Otto Lechner, Willi Resetarits, Roland Neuwirth, Rudolf Pietsch und Mario Zbiljski zelebriert die fünfköpfige Band jenen musikalischen Reichtum, den Wien als kultureller Schmelztiegel in sich birgt.

Gegenwärtig und Pioniergeistig
Einen weiteren Grund zu feiern bietet das Comeback des Tiroler Oktetts Die Knoedel, das sich 2018 nach einer 17-jährigen Schaffenspause wieder zusammenfand. Bereits in den 1990er-Jahren widmete sich die Band rund um den Komponisten und Fagottisten Christof Dienz mit traditionellem Instrumentarium der Gegenwart. Mit zeitgenössischen, jazzigen und kammermusikalischen Anklängen entführen ihre Kompositionen gleichermaßen an ihren Ursprung und in die Zukunft. Spielfreudig haben sie nun, mit nur einer Besetzungsänderung (Schlagwerk statt Violine) wieder zusammengefunden, um Tirolerisches pioniergeistig zu bearbeiten und in die Großstadt überzuführen. Mit dabei auch Countertenor Carlos Mena. In diesem Sinne fungiert das Wiener Konzerthaus an drei Konzertterminen im Mai und Juni einmal mehr als Ort musikalisch-künstlerischen Austauschs und als Ort der Begegnung zwischen den mannigfaltigsten Ausdrücken
künstlerischen Wirkens.

Die Knoedel © Ines Kapferer

Laura Wösch (KHN Mai/Juni 2019)

Die besprochenen Konzerte fanden an folgenden Terminen statt:


04/05/19 - Alma & Dreamers‘ Circus
Sa, 19.30 Uhr ・ Mozart-Saal
≫Berge und Boote≪

07/05/19 - Wiener Tschuschenkapelle
Di, 19.30 Uhr ・ Großer Saal
≫30 Jahre – Das große Jubiläumskonzert≪
zu Gast: Willi Resetarits Gesang
Roland Neuwirth Gesang, Gitarre
Otto Lechner Akkordeon
Mario Zbiljski Bisernica
Rudolf Pietsch Violine u. a.

17/06/19
Die Knoedel
Mo, 19.30 Uhr ・ Mozart-Saal

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