(Ned) Des End vom Liad!

Der Erneuerer des Wienerlieds begibt sich mit seinen legendären Extremschrammeln auf Abschiedstournee.

Roland Neuwirth ©Johannes Cizek

Roland Neuwirths höchst erfolgreiche Karriere begann vor über 40 Jahren – den Großteil davon bestritt er gemeinsam mit seiner Band, den »Extremschrammeln«. Seine Traditionslinie geht direkt auf die Unterhaltungsmusik der Gebrüder Schrammel sowie die Tradition der Volks- und Bankelsänger (man denke nur an die Figur des lieben Augustin!) zurück. Wie einst Johann und Joseph Schrammel die Wiener Volks- und Heurigenmusik des 19. Jahrhunderts salonfähig gemacht hatten, so entstaubte Roland Neuwirth das Wienerlied und brachte es in den Konzertsaal. Zu Beginn hatte er sich mit Jazz und Blues beschäftigt, danach folgten alte Wiener Klassiker; nach und nach wandte er sich immer stärker der »Essenz des Wienerlieds« in seiner »klassischen, neoklassischen und zeitgenössischen Ausprägung« zu und revolutionierte es zugleich. Der einstige Brotberuf als Schriftsetzer einer Partezetteldruckerei passt rückblickend thematisch gut ins Bild – bei einer Musik, die von der wienerischen Lebensart und einer Mischung aus Hedonismus und Zukunftspessimismus geprägt ist.

Der Komponist, Autor, Sänger und Kontragitarrist ist seit 1985 Berufsmusiker und hat über 400 Lieder für Duo- und Schrammelbesetzung sowie zahlreiche Tänze, Walzer, Orchesterwerke, eine (Schrammel-)Operette und Theater-, Film- und Hörspielmusik geschrieben. Wer denkt, das Wienerlied sei vergleichbar mit dem Austropop, der irrt allerdings gewaltig und wird von Neuwirth schnell eines Besseren belehrt. Konträr zur regionalen Popmusik setzt sich das Wienerlied aus der ihm spezifischen Melodik, unverwechselbaren stilistischen Floskeln und der ihm eigenen Harmoniefolge zusammen, entwickelt sich dabei aber auch weiter. Ein wichtiger Unterschied, den der Künstler an sein Publikum vermitteln möchte: an jenes im Konzertsaal, an der Universität oder auch an die musikinteressierte Leserschaft. Neuwirth hat beispielsweise eine Sammlung an Wienerliedern aus fünf Jahrhunderten samt Kommentaren, Notenbeispielen und weiterführenden Informationen herausgegeben. Für seinen unermüdlichen Einsatz im Zeichen des Wienerlieds erhielt er zahlreiche Auszeichnungen, darunter das Silberne Ehrenzeichen der Stadt Wien und den Würdigungspreis für Musik des Landes Niederösterreich.

Roland Neuwirth © Carlos Suarez

Mit seinen veröffentlichten Tonträgern verdeutlicht Roland Neuwirth, dass er »guat drauf«  (1988) ist, und dass das Ende seiner Bühnentätigkeit keineswegs »des End vom Liad« bedeutet. »Zwar haben die ›Extremschrammeln‹ durch ihre Pionierrolle schon sehr viele Wienerlied- und auch ein paar Schrammelgruppen entstehen lassen, doch erst der jetzigen Generation traue ich es zu, nicht nur interpretatorisch, sondern auch wieder schöpferisch stark genug inspiriert zu sein, um wirklich Neues auf die Welt zu bringen«, so Neuwirth.

Roland Neuwirths Abschiedskonzert stellt zugleich den Auftakt des Zyklus »Wiener Lieder« dar, der ferner Auftritte von facettenreichen Ensembles wie Tesak & Blazek und Wiener Blond (20. Februar 2017), Martin Spengler & die foischn Wiener mit den Gebrüdern Marx (29. April 2017) und Rudi Koschelu & Gäste (21. Mai 2017) bietet. Neuwirths Abend im Wiener Konzerthaus bildet den Höhepunkt seiner Abschiedstournee und steht unter dem treffenden Motto »Schee woa’s!«. Das Wiener Urgestein wird seiner Fangemeinde, unter der sich echte Wiener ebenso wie Zugereiste finden, als Dankeschön mit seinen größten Hits sowie einer Reihe illustrer Gäste wie Erwin Steinhauer, Carolyn Wonderland und dem CrossNova Ensemble aufwarten. Wer Neuwirth kennt, der weiß, sein Rückzug von der Bühne wird keinesfalls den Rückzug aus der Musik bedeuten, denn er ist kein Anhänger des Wiener Konjunktivs à la »hätt’ i, war i, dad i«, sondern hat noch viel vor, beispielsweise die Revolution der Operette. Es heißt somit: Auf Wiederhören!

Neuwirth & Extremschrammeln © Johannes Cizek

Autorin: Barbara Alhuter (KHN November 2016)

Das Konzert von Roland Neuwirth und den Extremschrammeln fand am 5. November 2016 im Großen Saal statt.


05/11/2016 - Sa, 19.30 Uhr, Großer Saal

Roland Neuwirth & Extremschrammeln
»Schee woa’s!«

Roland Neuwirth & Extremschrammeln
Roland Neuwirth, Kontragitarre, Gesang
Doris Windhager, Gesang
Marko Živadinović, Chromatische Knopfharmonika
Manfred Kammerhofer, Violine
Bernie Mallinger, Violine, Gesang
Erwin Steinhauer, Gesang
Thomas Gansch, Trompete, Flügelhorn
Walther Soyka, Wiener Knopfharmonika
Tscho Theissing, Kazoo
Carolyn Wonderland, Gitarre, Gesang
Krzysztof Dobrek, Akkordeon
Aliosha Biz, Violine
Alegre Corrêa, Gitarre, Gesang, Percussion
Marwan Abado, Ud, Gesang

CrossNova Ensemble
Heidemaria Oberthür, Gesang, Flöte
Hubert Kerschbaumer, Gesang, Klarinette
Maria Wahlmüller-Ammer, Violine
Maria Grün, Violoncello
Rainer Nova, Klavier

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