Ludwig van Beethoven (1770–1827)

Sonate für Violine und Klavier F-Dur op. 24 »Frühlingssonate« (um 1800)

Allegro
Adagio molto espressivo
Scherzo. Allegro molto
Rondo. Allegro ma non troppo

Christian Hornemann: Porträt von Ludwig van Beethoven (1803)
(Beethovenhaus Bonn, Sammlung Bodmer)

Die Violinsonate in F-Dur op. 24, allgemein als »Frühlingssonate« bekannt, wurde im Oktober 1801 in Wien veröffentlicht. Die Urschrift der ersten drei Sätze – die des vierten ist verschollen – wird in der Musiksammlung der Österreichischen Nationalbibliothek verwahrt. Sie zeigt an einer Stelle der Niederschrift einen jener Ausbrüche, die für Beethoven so charakteristisch sind: »NB. Der Copist, der die 3 und 6 hier hinein gemacht, war ein Esel!« Das Notabene bezog sich darauf, dass der Kopist Triolen und Sextolen anstelle von gewöhnlichen Achteln geschrieben hatte.

Die »Frühlingssonate« fällt mit der »Mondscheinsonate« in eine Schaffensperiode Beethovens, der man am ehesten das Etikett »romantisch« zugestehen möchte, wohl weil in diesen Werken die Melodik am wenigsten vom klassischen Ideal der motivischen Arbeit verrät, ohne die gleichwohl die Beethoven’sche Melodik auch jener Periode nicht auskommt. Jedenfalls scheinen Beethovens »Gesänge« in den genannten Werken befreiter, müheloser zu sein als in anderen. Dies trifft zumal für die »Frühlingssonate« zu, die ihren populären, nicht von Beethoven stammenden Titel dem ersten Thema ihres ersten Satzes verdankt. In dem lang angehaltenen a2 und der folgenden Sechzehntelgirlande steckt der Gestus des plötzlichen Aufblühens nach langer, gärender Wartezeit. Die Dankbarkeit angesichts solchen Aufblühens spricht sich in der weit ausholenden Achtelfigur des dritten Taktes mit ihrem emphatischen Oktavsprung aus – ein Motiv, das leichter gestisch zu beschreiben als nachzusingen ist.

Die Assoziation »Frühling« vom Besonderen des Themas nun auf die Allgemeinheit der Sonate zu übertragen, scheint nicht nur deshalb berechtigt, weil das erste Thema gewissermaßen den Ton vorgibt, in dem das Werk weiterhin gehört werden will (das kecke Scherzo fällt nur kurz aus dem Rahmen), sondern reagiert auch auf die Tatsache, dass das Thema des langsamen Satzes und das Hauptthema des Schlusssatzes motivisch nach dem Modell jenes ersten Themas geformt sind. Die zyklische Formung des Ganzen kann also durchaus auch im kompositorisch-technischen Sinne unter dem Stichwort »Frühling« erfasst werden.

Beethoven dokumentiert in seiner ersten viersätzigen Violinsonate (den vorangegangenen vier Sonaten fehlte das Scherzo) die verschiedenen Möglichkeiten einer Partnerschaft von Violine und Klavier und definierte damit ihre Gleichberechtigung – eine Gleichberechtigung, die sie in Wolfgang Amadeus Mozarts Sonaten »pour le Clavecin avec l’Accompagnement de Violon« noch nicht hatten. Die beiden Ecksätze zeigen ein »gerechtes« Abwechseln der Instrumente: Wenn eine Melodie wiederholt wird (und das ist fast durchwegs der Fall), liegt sie bei der Wiederholung im anderen Instrument. Der zweite Satz scheint dieses Modell bestätigen zu wollen, doch indem Beethoven die formal konventionellen Pfade verlässt – der B-Dur-Hauptteil wird zunächst variierend wiederholt, weicht dann aber über die Mollvariante in entlegene Tonarten (Ges-Dur) aus, um in eine freie Fantasie nach Motiven des Hauptteils zu münden –, dominiert zusehends der Ton der Violine. Im Scherzo schließlich sind Violine und Klavier verzahnt, das melodische Ergebnis ergibt sich erst aus der Kombination beider Instrumente.

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Moments Musicaux #1

Julian Rachlin Violine
Johannes Piirto Klavier

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